Wenn Regierungen über kritische Rohstoffe und seltene Erden sprechen, gibt es lange, regelmäßig aktualisierte Listen: Die EU führt eine, die USA auch, Deutschland über die DERA ebenfalls. Darauf stehen Metalle wie Gallium, Kobalt (von gewissen Leuten gerne auch als Kobold bezeichnet), seltene Erden, Germanium.

Doch eines sucht man auf diesen Listen vergeblich: Silber.

Warum Silber nicht auf den offiziellen Listen kritischer Rohstoffe steht:

Versorgungsrisiko ist (noch) gering:

  • Silber ist weltweit relativ gut verfügbar.
  • Die Produktion ist breit diversifiziert (Mexiko, Peru, China, Russland, Australien, Polen).
  • Es existieren funktionierende Recyclingströme (17–20 % Recyclinganteil des jährlichen Silberangebots).

Wirtschaftliche Bedeutung wird als (noch) nicht kritisch eingestuft:

Silber wird zwar in zahlreichen Bereich der Industrie, Elektronik, Photovoltaik und Medizin (Silber hat antiseptische und antimikrobielle Wirkung und hilft breitbandig gegen Bakterien, Viren und Pilze) eingesetzt. Näherungsweise existieren Substitutionsmöglichkeiten oder effizienzsteigernde Technologien, die den Verbrauch etwas reduzieren können.

Bewertungskriterien der Listen:

  • Die EU-Liste bewertet nach wirtschaftlicher Bedeutung: Versorgungsrisiko.
  • Die USGS-Liste berücksichtigt strategische Bedeutung für Verteidigung und Hochtechnologien.
  • Da Silber nicht als „strategischer Engpassrohstoff“ gilt, wird es nicht gelistet.

Fall abgeschlossen, könnte man meinen, oder?

Und hier kommt der Fehler im System, so die These des Autors

Denn genau dieser Blickwinkel ist rückwärtsgewandt und gefährlich bequem. Silber ist selten – und wird knapper. Silber wird oft als „reichlich vorhanden“ beschrieben, doch das ist ein Mythos:

  • Es wird überwiegend als Beiprodukt beim Abbau anderer Metalle wie Kupfer, Blei oder Zink gewonnen. Eine eigenständige Silberproduktion gibt es kaum.
  • Die einfach zugänglichen Vorkommen sind längst erschlossen. Neue Lagerstätten zu finden, zu genehmigen und in Betrieb zu nehmen, dauert im Schnitt 15 Jahre.
  • In der Zwischenzeit steigt die Nachfrage stetig, nicht nur in der Industrie, sondern auch in der Medizintechnik, in der Photovoltaik und zunehmend im Militärbereich.

Silber in Raketen, Elektroautos – und Kernkraftwerken

In jeder Tomahawk Cruise Missile sollen angeblich 500 Unzen Silber verbaut sein – pro Rakete.

Silber wird in Elektroautos für Leiterplatten, Sensoren, Leistungselektronik und Batterietechnik benötigt (ca. drei Unzen für einen Tesla). Mit jedem zusätzlichen E-Auto wächst die industrielle Nachfrage, während die Produktion kaum nachziehen kann.

Auch in der Kerntechnik spielt Silber eine unterschätzte Rolle:
Silber wird nicht zur Auslösung einer Kernreaktion benötigt, wohl aber zur Regelung und Steuerung von Reaktoren in Kernkraftwerken. In Form von Silber-Indium-Cadmium-Steuerstäben wird Silber zur Neutronenabsorption eingesetzt, um Reaktoren zu regeln oder abzuschalten – ein sicherheitskritischer Einsatz, der pro Großreaktor mehrere tausend Unzen Silber benötigt.

Die Nachfrage ist höher als die Förderung

Seit Jahren liegt die weltweite Silbernachfrage über der jährlichen Fördermenge. Die Lücke wird bislang durch Recycling und Lagerabbau gedeckt. Doch auch diese Quellen sind endlich.

Aktuelle Zahlen (Quelle: https://www.gold.de/silbernachfrage/):

  • 2024 wird die globale Silbernachfrage auf 1.208 Mio Unzen geschätzt – das zweithöchste Niveau aller Zeiten.
  • Das weltweite Angebot liegt bei 1.026 Mio Unzen, was ein Defizit von 182 Mio Unzen bedeutet.
  • Die Industrienachfrage stieg um 7 % auf ein Allzeithoch von 700 Mio Unzen, insbesondere durch Photovoltaik (+20 % auf 232 Mio Unzen), E-Mobilität und Elektronik.
  • Die physischen COMEX-Bestände sanken auf ca. 267 Mio Unzen (Ende 2023) – ein 5-Jahres-Tief.

„Houston, wir haben ein Problem.“ – Wir stehen vor einem strukturellen Defizit, das sich Jahr für Jahr weiter verschärft.

Silber als unerkannter strategischer Rohstoff

Silber ist unersetzlich für die Energiewende und für digitale wie militärische Anwendungen.

Anders als viele gelistete „kritische Rohstoffe“ gibt es für Silber keine echten Alternativen, wenn es um:

  • elektrische Leitfähigkeit,
  • antimikrobielle Eigenschaften,
  • und die einzigartige Materialkombination

geht.

J.P. Morgan: Marktmacht durch Bestände

Hinzu kommt: Die US-Großbank J.P. Morgan; sie hält mit über 130 Millionen Unzen die größten physischen Silberbestände weltweit und kontrolliert damit einen erheblichen Teil der lieferbaren Bestände auf der COMEX. Diese Konzentration verleiht der Bank Marktmacht über den physischen Silbermarkt, was die strukturelle Knappheit zusätzlich verschärfen kann.

Das unnatürlich hohe Gold-Silber-Verhältnis

Hinzu kommt: Das Gold-Silber-Ratio liegt derzeit bei etwa 100:1, was bedeutet, dass eine Unze Gold so viel kostet wie 100 Unzen Silber. Historisch lag dieses Verhältnis oft bei 15:1 bis 40:1.
Ein derart hohes Verhältnis deutet darauf hin, dass Silber im Verhältnis zu Gold aktuell deutlich unterbewertet ist, insbesondere angesichts des strukturellen Defizits, der wachsenden industriellen Nachfrage und der strategischen Bedeutung.

Finde den Fehler

Der Fehler liegt im System:
Silber steht nicht auf den Listen kritischer Rohstoffe, weil es derzeit noch verfügbar ist. Doch die Listen berücksichtigen kaum zukünftige strukturelle Engpässe und das exponentielle Wachstum der Nachfrage. Silber wird gebraucht. Es wird verbraucht. Es wird knapp. Und während die Welt weiter auf E-Mobilität, Digitalisierung, Rüstung und Kernkraft setzt, könnte Silber zum kritischen Rohstoff von morgen werden – wenn es bereits zu spät ist, um gegenzusteuern.

Finde den Fehler, bevor er dich findet:

Silber fehlt auf den Listen kritischer Rohstoffe. Genau deshalb ist es wert, jetzt darüber nachzudenken. Wer heute die richtigen Schlüsse zieht, kann morgen strategisch agieren – statt überrascht zu reagieren.

Autor und Entwickler von Systemen der Früherkennung, der Positionierung und der Entscheidungsfindung: Norbert W. Schätzlein, E-Mail: schaetzlein@siris-systeme.de

Wichtige Quellen: https://www.gold.de/silbernachfrage/; letzter Abruf: 27.06.2025

Titelbild-Quelle: Erstellt durch ChatGPT (OpenAI) am 27. Juni 2025 im Rahmen deines Auftrags zur Visualisierung für www.zeitfenster.com.

Disclaimer

Dieser Beitrag dient ausschließlich der Information und Reflexion über die Marktentwicklung von Silber und seltenen Rohstoffen. Er stellt keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlung oder rechtliche Beratung dar.
Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr auf Vollständigkeit und Richtigkeit.
Leserinnen und Leser sollten eigene Recherchen durchführen oder professionelle Beratung einholen, bevor sie finanzielle Entscheidungen treffen (siehe auch die Grafiken mit Link zu den Quellen).

https://www.gold.de/silbernachfrage

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