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Es sieht nicht gut aus

Wenn die Dinge verfahren sind, sind immer auch die Strukturen verkrustet, ist der „Fanatismus und jegliches Gefühl der Selbstgerechtigkeit“ (Ega Friedman) als Antipode der „schöpferischen Selbstorganisation“ an seinem Zenit angekommen. Jeder Ruf nach Auflösung des gordischen Knotens verhallt und das Rettende, „das Heldenmodell hat sich erschöpft“; weit und breit kein Alexander in Sicht.

Diese Gedanken sind schon wieder alt (aus der Finanzkrise von 2007/08) und dennoch aktuell.

Krisen als Dauerthema

Die Krise von einst, muss heute im Plural gedacht und verstanden werden. Wir kommen aus den Krisen gar nicht mehr heraus. Und die offerierten Krisenbewältigungsstrategien sind alles, nur nicht zielführend.

Der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick sprach mal davon, dass wer nur einen Hammer hat, in jeder Begegnung einen Nagel sieht.

Wer beispielsweise als EZB nur eine (digitale) Druckerpresse besitzt, macht was er kann und druckt „auf Teufel komm raus“. Der Pakt mit Mephisto ist aber ebenso wenig eine Lösung wie der Versuch der Gesetzesflut den Turbolader anzuflanschen. Wo die politischen Eliten ein Problem wittern, werden Gesetze erlassen und damit die (nichtproduktive) Bürokratie weiter hochgefahren. Fatal, zumal sich Bürokratie immer wie ein Krebsgeschwür ausbreitet und sich selbst nie als Problem erkennt und schon gar nicht infrage stellt und zurückschraubt.

● Denken wir an Krise, denken wir an die Energiewende, die ohne Wenn und Aber durchgezogen wird, auch wenn die Energiepreise noch so sehr im Vorfeld durch die Decke gehen und die abpuffernden, netzstabilisierenden Systeme (wie beispielsweise Power-to-Heat) noch gar nicht im erforderlichen Umfang – also in der Fläche – wirksam sind. Spannende Zeiten das (Yoda-Sprech).

● Lieferketten brechen zusammen und die Politik wird sich (auch hier) – immer in der Strategie von „mehr desselben“ – mit dem dirigistischen Setting aus verwirrenden Verordnungen und Notstandsrestriktionen sowie Sanktionen und Subventionen einmischen. (Das Lieferkettengesetz ist so eine Ausgeburt bürokratischer Phantasie.)

Ein Königreich für einen Rettungsring (in Anlehnung an Shakespeare in Richard III.)

Wer hoffnungsvoll glaubt ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen, täuscht sich vielleicht im entgegenkommenden Zug. Es ist schon ein wenig trostlos und man wagt Heidegger kaum zu widersprechen, der mal im Kontext zugespitzter Gemengelage meinte: „Nur noch ein Gott kann uns retten.“ Zeitgenössische, kluge Denker, wie der Philosoph Jochen Kirchhoff erhoffen sich in ihrer Verzweiflung angesichts der verfahrenen Lage eine kosmische Kraft/Energie, die die Katharsis bringt.

Das Eigenleben auf der Metaebene

Bei der aktiven Krisenbewältigung darf man den Unternehmen einiges zutrauen, aber nicht der EZB und der Politik auf der Makroebene.

Vergessen wir bitte nicht: für das, was die EZB in unseren Zeiten an sich reißt und für zuständig erachtet, incl. der monetären Haushalts- bzw. Staatsfinanzierung, wäre schon die Thesenstellung in Bänkerkreisen vor Jahrzehnten ein absolutes Tabu-Thema gewesen, so sakrosankt wollte man die Nichteinmischung und die Zuständigkeitsreduzierung auf die Geldwertstabilität verstanden wissen. Was früher undenkbar war, wird heute nonchalant durchgewunken; das sind keine guten Zeiten für Menschen mit Rechtsbewusstsein und -Empfinden.

Wilde Zeiten dies.

Und über allem schwebt das Damoklesschwert der Target2-Salden. Das sind die bilateralen Verrechnungen in den Zahlungsbilanzen von denen sie im europäischen Zahlungsverkehr als Unternehmen nichts mitbekommen. Gleichwohl beschäftigen diese Zahlungsströme des Im- und Exports auf der Makroebene die Zentralbanken.

Mittlerweile haben sich hier über 1 Billion, ca. 1.100 Milliarden aufgetürmt. Tja, man sieht auch hieran, dass die Wertdimension der Milliarde volksnah geworden ist; wenn wir uns daran nur nicht gewöhnen. Target2-Forderungen gegenüber dem europäischen Ausland sind im Übrigen nicht besicherbar, nicht fälligstellbar und anfänglich nicht verzinsbar. Das wäre etwa so, als würden Sie jemanden, den Sie kaum kennen Ihr Geld anvertrauen und sich keinerlei Gedanken machen, ob Sie es jemals wiedersehen. – Hand aufs Herz lieber Leser, das liegt doch außerhalb Ihres Vorstellungsvermögens, oder? Und für alle Sorglosen unter meinen Mitmenschen (also einer Vielzahl an Schlafmützen) viel Spaß beim Erwachen mit einem Kübel Eiswasser übers Gesicht.

Der Modus Vivendi

Also, was lernen wir daraus? Es nützt nichts sich Krisen zu verweigern, sie zu verleugnen, zu ignorieren und negieren oder gar unvorsichtigerweise und unwissend Brandbeschleuniger hinzuzufügen. Unbearbeitete Krisen bauen sich zum Tsunami auf und sind dann am kritischen Kipp-Punkt nicht mehr handhabbar. Eine erfahrungsgemäß bessere Strategie ist die Annahme der Krise, auch wenn’s am Anfang immer wehtut. In der Folge die aktive Bearbeitung und ein Handling, das am Ende des Tages mit der Option auf eine Chance winkt. Krise als Angebot auf Transformation eben, und ohne Bewusstseinsarbeit geht’s nicht.

Für die Krisen, in denen wir aktuell (bis zum Hals und darüber hinaus) stecken, ist der Point of no Return längst überschritten, gilt das Zitat aus der Göttlichen Komödie: „Die ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren!“ (Dante Alighieri). Die Akteure an der Spitze des pyramidalen Ponzi-Spiels wissen ganz genau was hier abgeht und ihre Strategie kann es nur sein jetzt (außerhalb ihrer eng gezogenen Kreise) nach Schuldigen zu suchen und von sich und den Fehlern abzulenken. Weitere Verwirrstrategien sind Nebenkriegsschauplätze zu bespielen, um abzulenken, die Gesellschaft zu spalten, damit sie sich nicht solidarisieren kann und Angst und Schrecken zu verbreiten, damit sich jeder ganz klein fühlt und kuscht, was auch immer da noch kommt.

Alles nur Verschwörung? – Unserer Zeit ist mit Verschwörungsleugnern nicht gedient. Was es braucht ist Ehrlichkeit, offene Konfrontation mit den Fakten und den Optimismus in der Metamorphose des Systems die Lösung zu sehen. An Zielbildern mangelt es nicht. Alles, was es braucht ist längst erfunden und kann nachgelesen werden. Die Eliten stehen am Abgrund und sollten jetzt einen Schritt zurücktreten, dann wäre allen geholfen. Ohne Ironie und Sarkasmus ist dieses Absurdistan nicht mehr zu ertragen.

Autor: Norbert W. Schätzlein, 26.10.2021

PS: Das Motiv des Schwarzen Schwans wurde bekannt und berühmt über das gleichnamige Buch von Nassim Nicholas Taleb. In seinem Bestseller geht es um das (statistisch) Unwahrscheinliche, außerhalb des „Wahrnehmungsradars“. Trifft das Unerwartete dann doch ein, wird daraus ein Gamechanger.

PPS: Nach der Dimensionshöhe der offenen und latenten Krisen ist Corona „nur“ ein (sehr wirksamer) Nebenkriegsschauplatz … und alle sind beschäftigt und in Angst (nicht gut für’s Immunsystem) …

Bildquelle: Pixabay (von Holger Detje)

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